Wo ist der Fisch, wo ist er geblieben… nichts ist mehr wie im letzten Sommer. Da konnte man Barsche und Rotfedern am Fjord im Minutentakt angeln – und jetzt? Seit vielen Angelversuchen kein einziger Fisch.

Frustriert bin ich Mitte April den Fjord abgelaufen: am Ostufer und am Westufer, bin im Schlick versunken, habe Schilfkanten beblinkert und mit gereizten Schwänen das Revier „geteilt“. Wunderschöne Natur bei eisigen Temperaturen, aber ohne einen einzigen Kontakt zu den schuppigen Bewohnern im kalten Wasser.

Gefunden habe ich aber diverse Angelboote. Halbversunken, eingewachsen im Schilf, fast ganz versenkt und meist von der Natur schon mehr als „angenagt“. Wem gehören aber nur diese Boote? Wurde das Boot vielleicht nach einem frustierenden Erlebnis zurückgelassen oder ist dem Besitzern etwas zugestoßen, sodaß er nicht mehr zum Boot zurückkommen konnte? Wurde das Boot sogar irgendwo geklaut und dann hier im Schilf „verscharrt“? Oder wartet irgendwo jemand seit Jahren sehnlichst auf ein Lebenszeichen seines geliebten Bootes?

Ich gestehe, ich habe eines dieser Boote geborgen. Mit dem Eimer leergeschöpft, ans Ufer gezogen und mit Bürste von Schlick und schleimigen Algen befreit. Ich konnte dabei keinen Bootsnamen freilegen und kein Adressschild zur Identifizierung des Besitzers finden. Stattdessen ein Loch im Bug, Quetschungen der GFK-Form, dazu Risse im Heckspiegel und fauliges Wasser im Zwischenboden.
Bin ich jetzt ein Dieb? Schon ein Fall für den königlich dänischen Gerichtshof? Ich weiß es nicht. Mein schlechtes Gewissen zwickt mich, aber nur kurz. Ist doch mal egal. Nach der ersten Reinigung habe ich mich vom Wind ein Stück über den Fjord treiben lassen – einfach so los – ohne Motor, Paddel oder Steuerung – ein unglaubliches Freiheitsgefühl hat mich ergriffen und das Boot schien mir ganz sicher auch sehr glücklich – ich war es.
Als ich das Boot – zurück am Ufer – leise fragte, ob es mein Angelboot sein will waren wir uns sofort einig. Ob das stimmt, oder ob ich als Bootsdieb überführt werde – Fortsetzung folgt.